Ackern for Future - CampusAckerdemie Weihenstephan 2022

(c) Stefanie Burger
(c) Stefanie Burger

Eine zentrale Aufgabe von Hochschulen ist es, die nächste Generation von Wissenschaftler:innen, Praktiker:innen und Multiplikator:innen auszubilden, die auf Grundlage wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse und Methoden aktiv dazu beitragen globale Herausforderungen wie den Klimawandel, den Verlust der biologischen Vielfalt und die Transformation von Ernährungssystemen zu bewältigen. Gemeinschaftsgärten verschiedenster Art, darunter besonders Schul- und Campusgärten, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, und auch das wissenschaftliche Interesse an ihren Eigenschaften als multifunktionale Grünflächen mit Potenzial für transformatives Lernen und praktische Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels nimmt zu.

 

Bildung für Nachhaltige Entwicklung im Hochschulgarten

 

In der zum Sommersemester 2022 erstmals angebotenen „CampusAckerdemie“ konnten Studierende beider Hochschulen am Campus Weihenstephan gemeinsam kennenlernen, wie vielseitig sich der Ansatz einer Bildung für nachhaltige Entwicklung [BNE] im Rahmen eines Lehr- und Lerngartens umsetzen lässt. Vom praktischen Kompetenzerwerb im ökologischen Gärtnern bis hin zum Kennenlernen didaktischer Methoden für die kritische Ernährungsbildung. Koordiniert wurde das Praxisseminar durch die TUM Professur für Urbane Produktive Ökosysteme (UPE, Prof. Dr. Monika Egerer) und umgesetzt in Zusammenarbeit mit dem neu eingerichteten TUM Green Office Weihenstephan, der HSWT Fakultät für Gartenbau und Lebensmitteltechnologie (Prof. Dr. Hannus) sowie durch zupackende Initiative Studierender des Campusgartens „Knosporus“. Dort gärtnern und gestalten Studierende und Mitarbeitende der Hochschule für angewandte Wissenschaften Weihenstephan-Triesdorf sowie der Technischen Universität München gemeinsam. Im Freiland und im Folientunnel wird auf möglichst ökologische und nachhaltige Weise vor allem Gemüse angebaut und der Gemeinschaftsgarten versteht sich dabei als ein offener Begegnungsraum und ein lebendiges Labor für das Wachstum von Gemüse wie für Ideen. Ein passender Ort also, für ein Praxisseminar, das Studierende unterschiedlicher Studienschwerpunkte aus den Bereichen Landnutzung bis Lebensmittelwirtschaft in die Lage zu versetzen möchte, sich auf ihren beruflichen Wegen in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteur:innen auch in einer Rolle als effektive Multiplikator:innen für nachhaltige Entwicklung zu verstehen und wirksam zu werden.

Ein Pilotprojekt mit Herz & Spaten 

Es handelt sich bei der CampusAckerdemie um ein Pilotprojekt des jungen Sozialunternehmens „Acker e.V.“ an dem diesen Sommer deutschlandweit 11 Universitäten teilgenommen haben. Acker e.V. arbeite mit dem Ziel die Wertschätzung für Lebensmittel in der Gesellschaft zu steigern und dem Wissens- und Kompetenzverlust im Bereich Lebensmittelproduktion, ungesunder Ernährung und Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Mit dem Pilotprojekt CampusAckerdemie soll das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in die Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte und Erzieher:innen integriert werden – im Fall der Weihenstephaner Studierenden: zukünftiger Fachkräfte und Forschender aus den Bereichen Landnutzung bis Lebensmittelwirtschaft.

 

Beim eigenen Anbau, der Pflege und Verwertung verschiedener Gemüsearten im Campusgarten erwerben die Teilnehmenden an der CampusAckerdemie grundlegende gartenbauliche und pädagogische Fähigkeiten um selbstständig als Multiplikator:innen einen Garten anlegen und für Bildungszwecke nutzen zu können.

 

In erster Linie durch Praxis, ergänzt eine umfangreiche digitalen Lernplattform von Acker e.V. und (Online-)Workshops. Neben Praxisimpulsen zum Ansatz des „Inquiry-based Learning“ durch die verantwortliche Professorin Monika Egerer, wurde das Seminar durch die AckerCoachin und Diplomgeographin Ruth Mahla angeleitet, die den Schwerpunkt ihrer eigenen Arbeit in der Erwachsenenbildung rund um den Boden als lebendiges Ökosystem legt und unter anderem beim Münchener „StadtAcker“ – einer Initiative des Ackermannbogen e.V.“ - aktiv ist. Zu den thematischen Schwerpunkten des Seminars gehörten Grundlagen des ökologischen Gartenbaus, Bodenfruchtbarkeit und -management, Schädlings- und Bestäubermanagement und Methoden einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. Die praktischen Stunden im Lehr- und Lerngarten basierten auf Erfahrungslernen, wobei die praktische und theoretische Auseinandersetzung mit einem Gemeinschaftsgarten in seiner Eigenschaft als multifunktionale Grünfläche und sozio-ökologisches System erlebbar gemacht werden sollte. Der Besuch einer 5. Klasse an einer Garchinger Mittelschule, die mit ihrer engagierten Lehrerin an dem schon länger bestehenden BNE-Schulprogramm „GemüseAckerdemie“ teilnimmt bildete den inhaltlichen Abschluss des Seminars. So konnten die Studierenden beim gemeinsamen Gärtnern mit den Kindern in der Praxis erleben, wie BNE an einer Schule im Bildungsgarten umgesetzt werden kann – damit die kommende Generation wieder "weiß was sie isst" und dabei Wissen und Wertschätzung für unsere Umwelt entwickeln kann.

 

Vom Pilot zum Living Lab?

 

Wir betrachten nach dieser Piloterfahrung den BNE-Ansatz, Campusgärten als interdisziplinäre Lernorte in die universitäre Ausbildung zu integrieren als einen zukunftsweisenden, der gezielt die Führungs-, Kommunikations-, Projektmanagement- und Forschungskompetenzen von Studierenden fördert. Mit einem zukunftsgerichteten Blick evaluieren wir aktuell zudem Potenziale, wie das aktuelle interdisziplinäre BNE-Seminar in ein transdisziplinäres Sustainable Living Lab umgewandelt werden kann. Ein Ansatz, wie Studierende über die Campusgrenzen hinaus gemeinsam mit Akteur:innen vor Ort an zukunftsfähigen Ideen arbeiten, und damit unmittelbar die sozialökologische Transformation mitgestalten können.